Irritationen bei Jagdscheinverlängerungen

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Zur Vermeidung von Verzögerungen und sonstigen Nachteilen bei der Jagdscheinverlängerung empfiehlt der Landesjagdverband Nordrhein-Westfalen (LJV NRW) seinen Mitgliedern, das von einigen unteren Jagdbehörden aktuell geänderte Antragsformular zur Jagdscheinverlängerung zu unterzeichnen.

Dortmund, 5. Februar 2021 (LJV NRW). Zahlreiche untere Jagdbehörden in NRW verlangen von Jägern, die die Erteilung eines Jagdscheines oder dessen turnusmäßige Verlängerung beantragen wollen, u. a. das Ausfüllen und Unterzeichnen eines Antragsformulars, in dem neben einigen persönlichen Daten diverse Erklärungen zur persönlichen Zuverlässigkeit und körperlichen Eignung abzugeben sind. Darüber hinaus werden Angaben zur Jagdfläche abgefragt. Da bei der Jagdscheinerteilung eine Mitwirkungspflicht der Antragsteller besteht, raten wir allen Jägern, zur Vermeidung von Rechtsnachteilen das Antragsformular vollständig und richtig auszufüllen.

Für erhebliche Verunsicherungen bei zahlreichen Jägern hat jetzt aber der Umstand geführt, dass einige Jagdbehörden in NRW ihr Antragsformular zur Jagdscheinverlängerung nunmehr um folgenden Schlussabsatz vor der Unterschriftszeile für den Antragsteller ergänzt haben:

„Es ist mir nicht bekannt, dass bei der zuständigen Verfassungsschutzbehörde Tatsachen vorliegen, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit gem. § 5 Abs. 2 und 3 WaffG begründen. Sollte die ausstehende Zuverlässigkeitsprüfung gem. § 5 Abs. 5 Nr. 4 WaffG dennoch Bedenken gegen meine Zuverlässigkeit begründen, bin ich mit dem Widerruf des Jagdscheins einverstanden und werde gegen eine ggf. erfolgte Anordnung der sofortigen Vollziehung keinen Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO stellen.“

Einige Jäger empfinden diesen Passus nachvollziehbarerweise als behördlichen Nötigungsversuch zum Verzicht auf gesetzliche Rechtsbehelfe. Auch der LJV NRW hält dieses Vorgehen einiger Jagdbehörden für rechtlich problematisch. Fraglich ist bereits, ob die Jagdbehörden überhaupt verpflichtet sind, Auskünfte zur Verfassungstreue von Jägern bei den Verfassungsschutzbehörden einholen zu müssen. Für diese Annahme spricht allerdings die Neuregelung in § 5 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. Abs. 5 Nr. 4 WaffG. Nach Auffassung des LJV NRW können aber noch ausstehende Auskünfte der Verfassungsschutzbehörden die Jagdbehörden nicht dazu berechtigen, Anträge auf Jagdscheinverlängerung bzw. -erteilung schlichtweg auszusetzen. Vielmehr ist bei fehlenden Anhaltspunkten grundsätzlich von der jagd- und waffenrechtlichen Zuverlässigkeit eines Jägers auszugehen und der Jagdschein, notfalls unter Widerrufsvorbehalt, zu erteilen. Sollten sich später durch eine negative Auskunft der Verfassungsschutzbehörden Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit des Jägers im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG ergeben, so haben die Jagdbehörden ja durchaus die Möglichkeit, den erteilten Jagdschein nach § 18 BJagdG für ungültig zu erklären und einzuziehen.

In derartigen, äußerst seltenen Einzelfällen wird die Jagdbehörde mit ihrer Einziehungsentscheidung aus Gründen der Gefahrenabwehr auch den Sofortvollzug anordnen. Gegen diese Anordnung könnte ein betroffener Jagdscheininhaber Anfechtungsklage erheben und gemäß Paragraph 80 Absatz 5 VwGO die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragen. In der verwaltungsgerichtlichen Praxis zu jagdscheinrechtlichen und waffenrechtlichen Widerrufsverfahren haben Anträge auf Aussetzung des Sofortvollzugs allerdings fast ausnahmslos keinen Erfolg, weil aus Gründen der öffentlichen Sicherheit regelmäßig das Interesse der Allgemeinheit am Sofortvollzug gegenüber dem individuellen Interesse des Jagdschein- oder WBK-Inhabers, seine Erlaubnis bis zum Verfahrensabschluss einstweilen behalten zu dürfen, überwiegt.

Festzuhalten bleibt somit, dass die von einigen Jagdbehörden in ihren Antragsformularen geforderte Erklärung keinen generellen Verzicht des Antragstellers auf Rechtsmittel und Rechtsbehelfe enthält. Vielmehr bezieht sich dieser Passus nur auf die ausstehende Auskunft der Verfassungsschutzbehörden und auf einen darauf gestützten Widerruf (Einziehung) des Jagdscheins. Da Jäger in NRW in besonderer Weise rechts- und verfassungstreu sind, dürfte dies nur ganz wenige Ausnahmefälle betreffen.

Im Ergebnis empfiehlt der LJV NRW deshalb seinen Mitgliedern, zur Vermeidung von jagd- und waffenrechtlichen Nachteilen und zur Vermeidung von Verzögerungen bei der Jagdscheinverlängerung das jagdbehördliche Antragsformular auch dann zu unterzeichnen, wenn es den oben angeführten Passus enthält.

Hans-Jürgen Thies MdB        
Rechtsanwalt und Vizepräsident des LJV NRW

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